Doppeltes Defektpech - der seltsame Marathon in Neuhaus
Ein Sonntag wie jeder andere. Nach einer schlaflosen Nacht,
dem damit einfachen Aufstehen um 6 Uhr und dem anschließenden hektischen
Verpacken aller nötigen Rennutensilien mache ich mich um kurz nach halb 8 auf
den Weg nach Neuhaus. Der nächste Renntag steht für mich an, ein Marathonrennen
im heimischen Solling. Aus diversen Gründen bin ich für meine Verhältnisse
deutlich später als Üblich am Ort des Geschehens, was alle, die mich kennen, bereits
zu der Annahme veranlasst, ich würde heute wohl nicht am Start stehen. Doch
trotz meiner sehr dunklen, verspiegelten Sonnenbrille werde ich schnell erkannt
und in die üblichen Fachsimpelei vor dem Rennen verstrickt. Was zur Folge hat,
dass sich mein Zeitproblem nicht verbessert und ich zunehmend in Hektik ausbreche.
Und das dann der Reißverschluss meines Trikots streikt ist auch nicht
sonderlich hilfreich. Oder dass ich erst jemanden suchen muss, der bei meinem
Hinterrad noch etwas Luft nachpumpt. Oder dass ich die Heckklappe meines Wagens
offen stehen lasse, als ich diesen sorgfältig abschließe.
Ich hatte mir ganz fest vorgenommen, mich ausgiebig und
lange warm zu fahren. Daraus werden dann 5 Minuten, ein 3,5 minütiger Fotostop
mit meinen beiden Lieblingsrennkollegen inbegriffen. Nach einem letzten,
obligatorisch notwendigen Besuch der sanitären Anlagen habe ich schließlich ein
echtes Problem: Der Reißverschluss meines Trikots ist kaputt, mein Trikot
flatterte also offen. Was jetzt?
Und dann muss ich auch noch feststellen, dass sich der
Großteil der Teilnehmer bereits im Startblock befindet und ich nun keine Chance
mehr auf eine vernünftige Ausgangssitution habe. So müssen Dani und ich uns im
Mittelfeld des Startblocks platzieren. So, jetzt blieb noch das Trikot Problem.
Kurzerhand ziehe ich mich im Startblock um, sodass man unter meinem Trikot
wenigstens nicht die Träger meiner Radhose sieht. Danach fixierte ich den
Reißverschluss noch mit drei Haargummis. So machen das die Profis...
Viel zu schnell fällt der Startschuss. Das Feld brettert los
und nimmt den ersten langen Anstieg in Angriff. Ich merke bereits jetzt, dass
meine Beine heute lieber zuhause geblieben wären. Aber ich habe ja Dani und
Tobi, die mich mitziehen. Gemeinsam erklettern wir die erste Rampe, surfen
durch die Trails und ziehen uns an den Anstiege gegenseitig.
Nach gut 15 Kilometern geht es einen schlammigen Trail
bergauf und ein paar Fahrer schieben sich zwischen mich und meine
Motivationsgruppe. Ich quäle mich nach und nach bergauf, bis ich irgendwann
nicht mehr weiter komme. Das kann doch nicht sein, so steil ist der Berg doch
nicht. Ein Blick auf mein Hinterrad und der Grund ist klar: mein Reifen ist
platt. Ganz ruhig, so schwer kann das ja nicht sein, immerhin habe ich das
nötige Equipment parat. Ich habe gerade mein Hinterrad ausgebaut als ein Fahrer
neben mir hält und mich freundlich fragt, ob ich Hilfe brauche. Und so sitze
ich nach 15 Minuten wieder auf dem Bike und starte die Aufholjagd. Allerdings
bin ich nun gefühlt so oder so von jedem anderen Fahrer überholt worden und
muss mich jetzt wieder allein durchschlagen. Bergab, Bergauf, Schotterstraße,
Trail und immer wieder lange Anstiege. Ich mache besonders am Berg einige
Plätze gut und meine Motivation potenziert sich bei jedem Überholvorgang. Nach
einer längeren Schotterabfahrt bemerke ich allerdings ein verräterisches
Flattern am Hinterrad. Und Tatsache: der zweite Platten des Tages, nach 35
Rennkilometern. Gedanklich hake ich das Rennen bereits ab, denn einen zweiten
Schlauch habe ich nicht mehr dabei und es liegen noch 10 Kilometer vor mir. Ich
steige ab und überlege, wie ich denn nun am schnellsten wieder zurück zu meinem
Auto komme. Ich entschließe mich der Strecke zu folgen und den nächsten
Streckenposten um Hilfe zu bitten. Doch wieder hält kurz darauf ein Fahrer an
und bietet mir Hilfe, und was noch besser ist, einen 26er Schlauch an. Keine 10
Minuten später sitze ich wieder auf dem Bike und starte in die letzte Passage.
So komme ich nach über 2,5 Stunden endlich im Ziel an.
Überraschenderweise hat es dennoch zum 2. Platz in meiner Altersklasse
gereicht, wie auch immer ich das noch geschafft habe.
Statt mich weiter über den Rennverlauf zu ärgern fasse ich
also das nächst Etappenziel ins Auge: Der Ars Natura Marathon in Neumorschen am
nächsten Wochenende.
Und bis dahin,
Ride on,
Evelyn
Zitate des Tages:
"Jetzt weiß ich auch wieso du immer so viele Haargummis dabei hast!!"
"Trägt man das jetzt so oder ist dein Trikot einfach kaputt?"
"Klar hab ich einen Schlauch dabei, ich habe sogar 4 dabei! Einen 27,5er, zwei 26er und einen 29er. Ich bin auf alles vorbereitet!"
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