Stüken Wesergold Cup Rinteln - XC oder was?
Am vergangenen Sonntag stand zum dritten Jahr in Folge der
Stüken-Wesergold-Cup in Rinteln auf dem Programm. Nach einem Sieg im ersten
Jahr und einer beispiellosen Pannenserie im letzten Jahr wartet man nun
gespannt ab, wie es in diesem Jahr für mich ausgehen wird. Also machen wir uns
am frühen Sonntagnachmittag – ja, wirklich am Nachmittag! – auf den Weg. Doch es
nieselt bereits als wir das Haus verlassen und auf der 1,5 stündigen Fahrt
wird das Wetter von Kilometer zu Kilometer schlechter. Während ich mir bei den
ersten heftigen Schauern noch sage, dass es in Rinteln bestimmt nicht mehr regnet,
wird mein Gesicht immer länger, als der Regen stärker wird. Kurz vor dem Ziel
erreicht uns dann ein Platzregen, der alle Autofahrer zum Anhalten zwingt.
Weder mein Lieblingsmensch noch ich hatten jemals so einen Platzregen erlebt.
Die Autos stehen mit Warnblinklicht auf der Straße, die Umgebung verschwindet hinter
einer Wasserwand und wir haben allen Ernstes vor, gleich auf Kopfsteinpflaster
ein XC-Rennen zu bestreiten. Schließlich können wir unseren Weg dann doch
fortsetzten, nur um festzustellen: hinter der nächsten Kurve liegt bereits
Rinteln und geregnet hatte es hier bis dato kaum. Puh.
Als Entschädigung für diese nervenaufreibende Fahrt finden
wir einen Parkplatz direkt am Stadtwall, der heute als Wettkampfort rangiert. Auf
dem Weg zur Nennstelle holt uns der Regen dann doch ein, aber als ich mein
Starterpack in der Hand halte gibt es endgültig kein zurück mehr. Mit Kapuze
und Regenschirm bummeln wir durch die malerische Rinteler Altstadt an der
Strecke entlang und jubelen wahllos irgendwelchen Fahrern zu. Wie im XC üblich
gibt es mehrere Rennen, die nach Wettkampfklassen getrennt starten. Bevor wir
als Lizenzklasse den Renntag abschließen würden, hatten sich bereits die
Bambinis, die Junioren und verschiedene Hobbyklassen über die 2,8 Kilometer
lange Strecke gekämpft.
Auf dem Weg zum Auto treffen wir neben einer Menge
namenhafter Konkurrentinnen mit beängstigenden Profiausrüstungen auch alte
Bekannte und freundliche Unbekannte. Ich versuche mir möglichst viele Infos
über die Fahrbarkeit und die Optimallinien der Strecke zu besorgen und höre
stets aufmerksam zu, wenn der Rennverlauf beschrieben wird. Im Großen und
Ganzen hat der Regen die Streckenanteile auf dem grasbewachsenen Wall nicht
beeinflusst, während man auf dem Asphalt- und Kopfsteinpflaster-Anteil, sowie
auf den Gerüstrampen, trotz guter Bereifung keinen sicheren Halt mehr hat. Dies
wissen allerdings auch die Organisatoren und bauen kurzfristig für die letzten
beiden Rennen des Tages die Strecke um.
Je mehr Infos ich allerdings bekomme, desto nervöser werde
ich. Bad Bikers-Trikot an, Startnummer an den Lenker, Flasche ans Rad und auf
geht’s zum Warmfahren. Ich rolle zum nächstbesten Streckenposten und frage
freundlich nach, ob ich mich auf der Strecke warmfahren darf. Er weist mich
ebenso freundlich darauf hin, dass zwar gerade ein Rennen läuft, ich aber gern
auf die Strecke darf. Natürlich nur, wenn ich rücksichtsvoll und aufmerksam
sofort Platz mache, falls das Feld in Sicht ist. Nachdem ich ihm dies
versichert habe schaue ich noch einmal rechts und links und schwinge mich dann
auf mein Bike. Der Streckenverlauf am Wall beschränkt sich in erster Linie auf
eine Art Zick-Zack-Kurs: Wall hoch, Wall runter, hier eine Spitzkehre, hier
eine Kurve, da eine Wurzel. Einmal um ein Denkmal, rauf, runter. Weiter steil
runter an einen Teich, über eine Brücke, eine steile Rampe hinauf. Und dann
wieder Wall rauf, Wall runter. Dann verlässt man den Stadtwall und kann eine
Runde in der Innenstadt Gas geben. Eine kleine Holzrampe an der Zeitnahme
markiert Anfang und Ende einer Runde. Läuft, alles gefahren.
Aber die Konkurrenz verunsichert mich. So viele bekannte Gesichter,
soviel Rennerfahrung, die mir fehlt, soviel Ehrgeiz liegt in der Luft. Als ich
dann noch unangenehm von der Seite angequatscht werde, bin ich völlig raus. Ich
habe mich immer noch nicht wieder richtig gefangen als ich schließlich, um kurz
vor 5, am Start stehe. Da das Feld zwar nicht sehr groß, aber sehr schnell ist,
stelle ich mich freiwillig in die letzte Reihe. So muss ich mir dann wenigstens
nicht anhören jemand behindert zu haben. Auf einmal fehlt mir die Hobbyliga mit
ihrem Gelächter im Startblock und ich fühle mich völlig fehl am Platz. Das
könnte eine lange Rennstunde werden.
Als der Startschuss fällt, ist alles vergessen, mein Körper
weiß, was er zu tun hat. Ich überhole zwei Fahrerinnen direkt vor der ersten
Kurve und komme gut über die Brücke, die den Eingang zum Wall markiert. Ich
hänge mich hinter einen Fahrer im orangen Trikot. So vergeht Runde um Runde
relativ ereignislos. Ich werde weder überholt noch überhole ich, den Fahrer im
orangenen Trikot habe ich stets im Blick, die Zeit auch. Von Runde zu Runde
fahre ich etwas riskanter, schneide hier die Kurve, nehme hier die Spitzkehre
etwas enger, bremse weniger ab. Es läuft eigentlich ganz gut.
In Runde 5 wird mein Flow dann allerdings durch einen Sturz
aus dem Rhythmus gebracht. Ich habe keine Ahnung, was eigentlich passiert ist und
warum ich den Asphalt küsse, aber es ist halt passiert. Hinfallen, aufstehen,
Tacho den Zuschauern zu werfen, weiter geht’s. Für eine umfangreiche
Schadensanalyse ist keine Zeit, meine letzte Runde läuft.
Letzte Runde? Falsch gedacht! Ich darf/muss noch eine
weitere Runde fahren. Alle Fahrer die nun hinter mir den Start/Ziel-Bereich
durchqueren, werden bereits angehalten, denn die Stunde ist vorbei. Ich fahre
also eine weitere Runde mit dem orangenen Trikot vor mir durch den XC Parcours,
wohl wissend, dass sich jetzt nicht mehr viel ändern wird. Im Ziel bekomme ich
eine Medaille, eine Flasche Saft und meinen Tacho gereicht, den Gott sei Dank
jemand für mich mitgenommen hat. Trotz dass das Rennen an sich gut für mich
lief bin ich frustriert und möchte nur noch nach Hause. Beim Umziehen machen
wir einen kurzen Apres-Sturz-Check: Schürfwunde am Ellenbogen, Schürfwunde am
Schienbein und eine ordentliche Schürfwunde am Oberschenkel. Dazu möchte ich
sagen: Mein kompletter Oberschenkel ist eine einzige Schürfwunde, meiner Trikothose allerdings ist nichts anzusehen. Das ist „Protective“-Qualität!
Im letzten Moment fällt uns ein, dass meine Lizenz immer
noch in der Nennstelle liegt. Also schlendern wir wieder zurück auf den
Marktplatz, wo ich meine Lizenz und 60 Euro bekomme. 60 Euro? 60 Euro! Das ist
das Preisgeld für den 5. Platz, den ich heute dann doch noch rausgefahren habe.
Alles in allem ein durchwachsener Renntag. Meine Beine
fahren halt lieber Marathon und quälen sich über Stunden hinweg, um am Berg
alle in Grund und Boden zu fahren. Im XC ist aber eine Stunde Vollgas angesagt,
was meine Beine aber nicht wussten. Dazu bin ich immer noch auf der Suche nach
dem Killer-Ehrgeiz-Einzelkämpfer-Instinkt, den scheinbar spätestens jetzt in
der Lizenz alle außer mir besitzen. Erfahrungen habe ich auf jeden Fall
gewonnen, Form ist auch gut, Fahrtechnik top, Preisgeld super.
Und irgendwann stehe ich auch mal wieder auf dem Podest.
Keep on riding,
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