Stadtpark-Terminator Holzminden - Endspurt!

Neuer Lenker, neuer Schalthebel und mein Bike ist schon drei Tage nach dem Sturz wieder voll einsatzbereit. Auch ich bin Mitte der Woche trotz blauer Flecken, Prellungen und Schürfwunden endlich zurück im Training und konzentriere mich auf das kommende Meisterschaftswochenende in Bad Salzdetfurth. Dazu habe ich mein Training am Ende der Woche in den Veranstaltungsort, den Bikepark Bad Salzdetfurth, verlegt, um mich optimal auf die Strecke vorzubereiten. Aber als ich nach zwei Stunden Training im strömenden Regen an meinem Auto ankomme und fast wie in Zeitlupe zur Seite kippe, weil die Klickpedale völlig mit Lehm verstopft sind, ist mir klar, dass die körperlichen Wehwehchen nicht mein eigentliches Problem am Wochenende sein werden. Irgendwo zwischen sehr steilen Trails, Spitzkehren und dem frisch angelegten Rock-Garden ist mir bewusst geworden, dass ich meine Sicherheit völlig verloren habe. Der Sturz hat mich so verunsichert, dass ich es nicht schaffe, den Kopf abzuschalten, was bei einem XC-Rennen dieser Schwierigkeitsstufe und unter diesen Bedingungen die Grundvoraussetzung ist. Noch bevor der Wetterbericht ein verregnetes Wochenende verkündet und ich mich weiter in Grübelein stürzen kann ist meine Entscheidung gefallen: Ich verzichte auf die Deutschen Meisterschaften.

Ein Wochenende später allerdings mache ich mich am Samstagnachmittag wieder auf den Weg zu einem Rennen der Challenge4MTB, dem Stadtpark-Terminator in Holzminden. Im letzten Jahr war dieses Rennen für mich schneller vorbei als ich mir erhofft hatte. Nachdem mir beim Warmfahren meine quietschenden Bremsen auf die Nerven gegangen waren bot ein anderer Fahrer (Mechaniker bei einem Radladen) mir an, meine Bremsen kurz zu optimieren. Und Tatsache: Das Quietschen war vorbei. Leider das Rennen nach der ersten Runde auch für mich, da meine Hinterradbremse auf einmal gar keine Reaktion mehr zeigte. Seitdem lasse ich niemanden mehr spontan etwas an meinem Bike optimieren.

Ausnahmsweise bin ich für meine Verhältnisse wirklich spät am Veranstaltungsort, sodass ich mich beeilen muss, mich pünktlich anzumelden. Das erste Rennen läuft bereits und vom zentralen Start-Ziel-Bereich aus ist das Ende einer jeden Runde, ein steiler Downhill neben einer Treppe, gut einsehbar. Wie immer bei Rennen der Challenge ist das Teilnehmerfeld eher überschaubar, dafür kennt man zumindest alle Fahrer vom Sehen und ich halte auf meinem Rückweg zum Auto immer wieder an, um hier und da jemanden zu begrüßen, die neusten Neuigkeiten auszutauschen oder neue Bikes zu bewundern. Als ich schließlich mein Bike auslade, habe ich nur noch eine 20 Minuten bis zum Start, was zur Folge hat, dass ich mich völlig hektisch umziehe und mich auf dem Weg zum Startbereich mache, nur um dann festzustellen, dass ich die Hälfte meines Equipments im Auto liegen gelassen hab. Also wieder zurück, Luftpumpe, Brille und Handschuhe geholt und wieder zum Start. Schließlich stehe ich pünktlich, aber doch kurz vor knapp im hinteren Teil des überschaubaren Startblog. Natürlich ohne mich warmgefahren zu haben.

Der Moderator erklärt noch einmal den Rennmodus bei diesem XC-Rennen. Fünf Runden a vier Kilometer sind zu absolvieren, die Einzelzeit pro Runde wird bei der Zieldurchfahrt dokumentiert. Und dann heißt es vier, drei, zwei, eins und auf geht’s.
Das Feld setzt sich auf dem schmalen Feldweg in Bewegung und wir passieren die erste Kurve. Nun liegt eine ansteigende Wiese vor uns und ich kann einige Plätze nach vorne gut machen. Das Feld zieht sich zunehmend auseinander, die abgesteckte Strecke auf der Wiese ist schmal, sodass überholen nur begrenzt möglich ist. Ich hänge mich an das Hinterrad meines Vordermannes und lasse mich mitziehen. Als wir oben angekommen sind, mit einem Puls von fast 200, geht es in die erste Abfahrt, die allerdings kaum reicht, um Atem zu holen.
 
Wie immer muss ich bergab einigen Männern den Vortritt lassen, bevor ich auf dem ansteigenden Feldweg zwischen zwei Maisfeldern wieder aufschließen kann. Es geht über eine weitere Wiese, bevor der Weg nun am Waldrand zurück Richtung Stadtpark führt. Ich bremse kurz, als der geschotterte Weg etwas unübersichtlicher wird und konzentriere mich auf die Spurrillen, die unter dem bunten Herbstlaub leicht zu übersehen sind. Ein kurzer Trail bergab, ein Stück flach und wieder hoch. Die Strecke führt nun serpentinenähnlich durch den Wald, bevor endgültig die Trails überhand nehmen. Kurve links, Kurve rechts und auf einmal ist die Musik aus dem Startbereich zu hören. Weit kann es nicht mehr sein. Schließlich liegt der Downhill vor mir, der mir von unten betrachtet, durchaus Respekt eingeflößt hat. Aber jetzt, im Verlauf des Rennens, bringe ich ihn zügig und flüssig hinter mich. Die erste Runde ist nach gut 20 Minuten für mich vorbei. Noch vier zu fahren.

Als ich das nächste Mal die Ziellinie überquere, weiß ich, wieso ich prinzipiell eher Marathonrennen bevorzuge. Meine Beine brennen, meine Rippen pochen und ich habe meinen Rhythmus immer noch nicht gefunden. Aber ich hab ja auch noch drei Runden, vielleicht finde ich ihn irgendwo am Rand des Sollings, im Holzmindener Stadtpark.
Also wieder die Wiese hoch, den Feldweg runter, durch die Maisfelder, in den Wald. Ich versuche wirklich alles, aber meine Beine haben sich bereits in die Saisonpause verabschiedet und liegen vermutlich an irgendeinem warmen Sandstrand, während ich mich weiter durch die dritte Runde quäle.

Die letzte Runde läuft und ich habe schon seit geraumer Zeit eine weitere Eulenfahrerin im Rücken. Als ich kurz anhalten muss um meine Flasche zu retten, die bereits wieder bedenklich Schlagseite bekommen hat, zieht sie vorbei und nimmt die Serpentinen in Angriff. Trotz das ich kräftetechnisch völlig am Ende bin fühle ich mich doch in meinem Stolz verletzt und der Ehrgeiz übernimmt die Überhand. Im Wiegetritt hole ich sie ein und kann sie direkt in der ersten Kurve überholen. Dabei haben wir noch kurz Zeit, zwischen zwei knappen Atemzügen uns auszutauschen. Mit dem Ergebnis: Ich denke, dass wir in unserer letzten Runde sind, und Simone, dass wir noch eine vor uns haben. Oh nein, bitte nicht noch eine Runde! Im Augenwinkel sehe ich wie Olaf und Dirk, zwei weitere Teamkollegen, hinter uns aufgetaucht sind und uns nun bei ihrem Aufwärmprogramm anfeuern. Ich mobilisiere noch einmal alle meine Kräfte um mich nicht auf den letzten Metern noch überholen zu lassen. Ich gehe in die letzte Abfahrt und überquere die Zeitnahme zum... Ja nun zum 5. Oder zum 4. Mal? Genau diese Frage stelle ich nun, etwas atemlos, dem Moderator, der den Bildschirm mit den Zeiten vor sich stehen hat. Aber als Simone ins Ziel kommt, kann ich ihr erleichtert verkünden, dass wir wirklich fertig sind.

Da es nun doch nicht mehr so warm ist fällt die übliche Rennanalyse mit den anderen Fahrern heute eher knapp aus, stattdessen ist umziehen angesagt. Und trotz dass ich mich wirklich beeile, die Siegerehrung ist bereits im vollem Gange als ich zurück zum Startbereich komme. Ich bekomme trotzdem noch meine Urkunde und meinen Pokal für den ersten Platz in meiner Altersklasse und den zweiten Platz in der Gesamtwertung der Frauen.
 
Am Ende dieses Renntages, meines vorletztem in diesem Jahr, bin ich rund um zufrieden. Es wäre eigentlich zeitmäßig deutlich mehr drin gewesen, aber die Beine wollten nicht so wie ich. Trotzdem bin ich glücklich, ein sauberes technisches Rennen gefahren zu sein, was mein Selbstbewusstsein und meiner Sicherheit nach dem Sturz wieder etwas aufbaut.
Am kommenden Wochenende steht das letzte Rennen der Challenge4MTB an, diesmal bei uns: Die Fischteichhölle beim MTB-Eulenexpress in Peine. Okay, Peine ist jetzt nicht unbedingt für das bergige Relief bekannt, aber wir versprechen euch alles, was für ein super Rennen notwendig ist: eine technische Strecke, super Stimmung, gutes Wetter und Kuchen. Was will man mehr? Wir freuen uns auf euch und sehen uns am Sonntag!

Evelyn













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