Da ist der Hattrick - das Race2Sky in Boffzen
Für mich stand am vergangenen Samstag ein weiteres XC-Rennen
der Challenge4MTB an. Austragungsort war der kleine Ort Boffzen an der Weser,
was für mich das unschlagbare Argument Heimvorteil bedeutete. Dies war einer
der Gründe, warum ich mich nicht nach einem Blick auf die Teilnehmerliste
spontan am Vorabend doch noch für einen Start im Sauerland entschied. Neben mir
waren leider nur drei weitere Frauen gemeldet, das Teilnehmerfeld an sich war
eher klein. Ja, ich bin ein Fan von kleineren Rennveranstaltungen, aber ich
fahre immer dann am besten, wenn die starke Konkurrenz um mich herum mich
fordert. Ich haderte ein bisschen, entschied mich dann aber doch für den Start.
Immerhin hatte ich die Chance auf einen Hattrick-Sieg, denn ich hatte bereits
in den vergangenen zwei Jahren das Race2Sky gewonnen, dieser Sieg wäre der
Dritte.
Also konnten wir am Samstag erstmal entspannt ausschlafen,
in aller Ruhe frühstücken und unsere Sachen zusammensuchen und uns dann gegen
Mittag auf den Weg nach Boffzen machen. Wie für XC-Rennen üblich war das
Teilnehmerfeld je nach Altersklasse in unterschiedliche Rennen aufgeteilt. Als
wir die Grillhütte erreichen, läuft bereits das zweite Rennen an diesem Tag und
wir kommen gerade rechtzeitig um Benes Zieleinfahrt bejubeln zu können. Bene
sichert uns Eulen damit den ersten Sieg des Tages. Im Gegensatz zum Vorjahr
hat das Wetter, trotz einer labilen Vorhersage, gehalten. Der technische Kurs
an der Grillhütte ist trocken und scheint gut Grip zu bieten, was eindeutig
eine Verbesserung zum letzten Jahr darstellt. Da hieß es im strömenden Regen
und knietiefem Matsch irgendwann nur noch: Wer kann eigentlich am schnellsten
mit dem Rad durch den Schlamm rennen? Wir beobachten das Treiben der Rennfahrer
noch ein bisschen, jubeln hier und da und halten Ausschau nach den anderen
Eulenfahrern.
Schließlich erwischt mich eine gute Bekannte und stellt mich
direkt der Presse vor, was dazu führt, dass ich, deutlich früher als geplant,
zum Auto zurück renne und in Vollmontur und Bike rennfertig zurückkomme. Der
Reporter stellt mir einige Fragen, wie zum Beispiel wieso ich so gern
Mountainbike fahre, wieso ich für den MTB-Eulenexpress fahre, was ich sonst so
mache, was meine Ziele sind, was ich mir für das Rennen heute erhoffe... Am
Ende weiß ich wirklich nicht mehr, was ich eigentlich alles gesagt habe, aber
auf jeden Fall habe ich tapfer immer wieder die Fischteichhölle ins Gespräch
gebracht. Zum Schluss bittet er mich den technischen Teil der Strecke einmal
abzufahren, damit es ein paar schöne, gar nicht gestellte Fotos geben würde.
Ich war froh als Dirk und Olaf mich nach dem ungewohnten
Pressetermin direkt zum Warmfahren in Beschlag nehmen. Gemeinsam fahren wir die
komplette Strecke, knappe fünf Kilometer, einmal ab, wobei wir uns besonders
auf die XC typischen technischen Passagen und Trails konzentrieren. Wo ist die
Optimallinie? Wo kann ich Zeit sparen? Worauf muss ich achten? Als wir den Start-Ziel-Bereich
wieder erreichen fühle ich mich optimal vorbereitet auf das Rennen und ordne
mich im Mittelfeld des Startblocks ein. Während wir geduldig auf das
Startsignal warten, sehe ich über dem Solling dunkle Wolken aufziehen, die
Vorboten des vorhergesagten schlechten Wetters. Als ich das erste Mal vor fast
zweieinhalb Jahren hier in der letzten Reihe des Startblocks stand, hätte ich
nie gedacht, dass ich einmal so entspannt, so weit vorne und so routiniert hier
stehen würde. Ich muss lachen als ich daran denke, wie chaotisch und wie
aufregend mein erstes Mountainbikerennen für mich war. Dass ich einmal jedes
Wochenende im Teamtrikot bei Wettkämpfen starten würde, hätte ich damals
niemandem geglaubt.
Schließlich fällt der Startschuss und es geht für uns in die
Einführungsrunde, die uns an der legendären Himmelsleiter wieder auf die
eigentliche Strecke bringt. Dieses gleichmäßig ansteigende, elendig lange
Asphaltstück führt uns über gut 1,3 km bis an den Rand des Sollings heran. Die Himmelsleiter ist immer Teil der
Rennstrecke und genauso anstrengend ist sie auch jedes Mal. Ich erreiche den
Wald zügig und im vorderen Teil des Feldes, auch wenn meine Pulsuhr mich mit
hysterischem Piepen vor Überlastung warnt. Nachdem ich den kommenden flachen Feldweg optimal zum Überholen und ordentlich Dampfmachen nutzen konnte,
erreiche ich den ersten Trail, der im Wesentlichen einfach einen Bogen in den
Wald schlägt und kurz darauf wieder auf den Hauptweg trifft. Die letzte Kurve
nehme ich etwas zu schneidig, mein Hinterrad driftet nach außen und ich
schramme an einem Baum entlang. Mist, das hat mir jetzt nicht wirklich Zeit
geschenkt. Weiter geht’s, denn da kommt
schon der nächste Trail, den ich ebenfalls zügig hinter mich bringen kann.
Nach einer längeren Schotterabfahrt kommt eine längere Trailpassage in Sicht,
bei der ich mich beim Warmfahren etwas schwer getan habe. Aber dank Dirks und
Olafs Anweisungen kann ich mir die Optimallinie ins Gedächtnis rufen und komme
gut und flüssig auf dem Wiesenweg an, der mich kurz vor der Grillhütte auf das
letzte Teilstück der Strecke entlässt. Ich verlasse den Asphalt und biege auf einen
schmalen Trail ein, der direkt im Start-Ziel-Bereich endet. Jetzt zwei schnelle
Tritte, soviel Schwung mitnehmen wie es geht und schnell die Rampe hinauf.
Geschafft! In dem kleinen Gehölz ist der Trail mit Flatterband markiert, zwei
Schlenker und die Rampe auf der anderen Seite wieder hinunter. Jetzt
konzentrieren, es wird eng. Ich tauche unter einem tieferen Ast hinweg,
konzentriere mich auf den sandigen Untergrund und gehe in die nächste Runde.
Eine geschafft, noch vier zu fahren.
Und es läuft gut für mich. Als mich auf der Himmelsleiter in
der dritten Runde die ersten dicken Tropfen treffen, habe ich wieder genug Atem
übrig, um meine Mitfahrer voll zu quatschen. Wir philosophieren kurz, dass es
bestimmt nur ein Schauer ist und absolvieren im Platzregen die dritte Runde.
Am Start-Ziel Bereich erwartet mich meine Schwester bereits, denn wir hatten
abgesprochen, jetzt die Flaschen auszutauschen. Also werfe ich meine fast leere
Flasche weg und strecke die Hand nach der neuen Flasche aus. Die ist allerdings
offen, sodass ich auch diese zurücklassen muss.
Wenigstens haben wir genug Wasser von oben. Meine Radbrille habe ich
mich bereits bei der Einfahrt in die technische Passage entledigt. Die Gläser
sind für diese Verhältnissen zu dunkel, dazu der Regen und der Dreck, da fahre ich besser ohne meine Brille. Als ich zum vierten Mal den Rand des Sollings
erreiche, schüttet es wie aus Eimern, die Trikots sind dreckig und die Trails
werden langsam aber sich schmierig. Trotzdem komme ich flüssig durch die technischen
Passagen und gehe auf die letzte Runde. Mit einem Blick auf die Uhr sehe ich,
dass ich nur noch gut 12 Minuten habe um Kathrins Bestzeit aus dem vorigen
Rennen zu toppen. Ich gebe an der Himmelsleiter noch einmal alles, aber
spätestens auf den Trails ist mir die Sicherheit für mich und mein Bike dann
wichtiger als die Topzeit.
Schließlich erreiche ich als schnellste Frau meines Rennens
das Ziel. Ich bin nass bis auf die Haut, der Schlamm tropft aus meinen Haaren
und die hellblaue Farbe meines Trikots ist kaum noch zu erahnen, aber glücklich
und zufrieden bin ich trotzdem.
Nachdem ich mich und mein Bike mit dem Hochdruckreiniger
bearbeitet habe, sodass wir wieder zu erkennen sind und ich mich umgezogen habe,
warten wir gemeinsam mit den anderen Fahrern geduldig auf die Siegerehrung. Da
es noch immer regnet wird kurzerhand das Zelt der Zeitnahme für die
Siegerehrung entwendet. Ich gewinne mein Rennen und meine Altersklasse, wobei
die geringe Konkurrenz natürlich ihr übriges dazu beigetragen hat. An Kathrins
Zeit bin ich bis auf 3 Minuten herangekommen, sodass ich die zweitschnellste
Frau des Tages bin. Ich bin mit meiner Zeit trotzdem sehr zufrieden, ebenso mit
dem Rennverlauf und besonders mit der fahrtechnischen Leistung.
Mein dritter Sieg bei meinem dritten Race2Sky, der Hattrick also. Wo ich dann in weiteren zweieinhalb Jahren am Start stehen werde, wer weiß. Ich hätte da so die ein oder andere Idee...
Am kommenden Sonntag geht es für mich zum SKS-Bike-Marathon „Rund
um Zierenberg“, wo neben einer abwechslungsreichen Strecke ordentlich
Höhenmeter und starke Konkurrenz auf mich und mein S-Works warten.
Bis dahin,
keep calm and bike on,
Evelyn
Zitate des Tages:
„Am Besten ziehst du jetzt deine Unterwäsche aus und machst
damit deine total verharzte Kette sauber!“
„Du brauchst für Zierenberg keine neuen Bremsen, in
Zierenberg geht es nur bergauf!“
„Der Baum stand auf meiner Optimallinie!“
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