Harzcup Teil 3 - Sülzhayn

Nach einer Woche Zwangserkältungspause konnte ich Anfang letzter Woche endlich wieder in mein Training einsteigen und anfangen, wieder ordentlich nach Trainingsplan zu trainieren. Das tat ich auch. Genau zwei Tage lang, solange bis ein umgestürzter Baum mich sehr unsanft auf den Boden der Tatsachen zurückholte. Schön Tempo bergab gemacht, Kurve schneidig genommen, Überschlag. Der Baum ist mir so richtig erst nach dem Sturz aufgefallen, nachdem ich mich erst einmal vergewissert hatte, dass mein Rad und meine Knochen heile geblieben waren. Alles gut soweit, offensichtlich hatte mein rechtes Bein alles abgefangen, denn das schimmerte bereits in den schönsten Farben, das Knie bereits zugeschwollen. Das war es dann also mit dem Trainingsplan.

Nach drei Tagen Pause wagte ich mich am Freitag dann wieder aufs Rad, wo ich erleichtert feststellte, dass mein Knie schon fast wieder perfekt mitwirkte. Also doch mal einen kurzen Blick auf den Rennkalender riskiert und festgestellt: Harzcup in Sülzhayn. Das wäre doch was. Natürlich nur wenn man keine Erkältung in den Knochen hat und kein geprelltes Knie. Nach endlosem Hin- und Herüberlegen, Planen und Plan umwerfen machten meine Schwester und ich uns dann doch am sehr frühen Sonntagmorgen auf den Weg nach Thüringen.

Als wir pünktlich das Wettkampfgelände in der beschaulichen Stadt erreichen strahlt die Sonne bereits vom Himmel und die bergigen Wälder rund um Sülzhayn dampfen vom Regen der letzten Tage. Die Idylle wird nur von den ersten Rennfahrern getrübt, die bereits den ersten Marathon auf der Rolle absolvieren, fachsimpeln oder noch beim Aufbau der Strecke helfen. Wir suchen und finden das Rennbüro und melden mich, nach letztem kurzen Zögern, auf der 30 km lange Kurzdistanz an. Auch wenn ich damit aus der HarzCup Wertung rausfalle, nach den durchwachsenen letzten Wochen habe ich mich gegen das Risiko entschieden, auf die Langstrecke zu gehen. Schließlich soll dieses Rennen in erster Linie für mich eine Generalprobe für den Allersheimer Mountainbikecup am nächsten Wochenende sein.
 
Und so stehe ich, nach nur kurzem Einrollen, um kurz nach Zehn mit nur etwa 50 anderen Fahrern am Start der Kurzstrecke bereit. Nach dem Megaevent in Willingen genieße ich die familiäre Atmosphäre umso mehr und freue mich über viele bekannte Gesichter, Aufmunterungen und nette Worte. Die Lang- und Mittelstreckenfahrer sind bereits auf der höhenmeterlastigen Strecke unterwegs und absolvieren vier bzw. drei Runden a 15 km. Als der Startschuss auch für uns fällt komme ich allerdings dann doch nicht so gut weg wie ich es gehofft hatte. Die erste Bachdurchfahrt, die erste Rampe, der erste sehr steile Trail und dann ist die Einführungsrunde auch schon beendet. Ab geht’s auf die Hauptrunde. An der Startlinie kam kurzzeitig das Gerücht auf, die erste Hälfte jeder Runde ginge es nur bergan. Was sich als absolut wahr herausstellt. Ich finde allerdings am Berg meinen Rhythmus und eine Gruppe Fahrer mit ähnlichem Tempo und kann so viel Boden und viele Plätze gut machen, die ich am Start verloren habe. Nach gut 8 Kilometern stürzen wir uns dann in die erste steile und matschige Downhillpassage. Ich bremse scharf ab, gerate ins Rutschen, bremse stärker, blockiere mein Hinterrad, bremse weiter... Natürlich ganz falsch und normalerweise auch überhaupt gar nicht mein Stil, aber auf einmal spukt mir mein Sturz im Kopf rum, und so sehr ich mich auch bemühe, die Unsicherheit auszublenden und alles zu vergessen, ich schaffe es nicht. Ich zittere mich wirklich den Downhill hinunter, mit dem Ergebnis, dass ich nicht nur gefühlt alle meine am Berg gewonnenen Plätze wieder verliere, sondern nun ohne jeglichen Schwung die brutale Rampe zum letzten Teilabschnitt der Strecke hochtreten muss. Oben angekommen, kurz durchatmen, den letzten Trail runter in die Stadt, die Bachdurchfahrt und die erste Runde ist vorbei. Kurzer Blick zur Anzeigetafel, 55 Minuten, und auf geht’s in die zweite Runde. 
Kurzer Kettenklemmer-Selbsthilfe-Stopp, und dann Dampf am Berg machen, was mir in der zweiten Runde sogar besser als in der ersten Runde gelingt. Vielleicht sollte ich mich doch besser mal vernünftig warmfahren. Dieses Mal gehe ich die Bergab-Passage ruhiger an und verlasse mich wieder etwas mehr auf meinen Instinkt, mein Bauchgefühl und meine Routine. Geschafft! An der (mir fast senkrecht vorkommenden) Rampe habe ich dann doch ordentlich zu kämpfen, vor allem mit dem möglichst entspanntem Lächeln für den Fotografen an der steilsten Stelle. Nochmal Tempo auf der Geraden, Bachdurchfahrt, Zielsprint und da ist das Rennen auch schon vorbei.

Insgesamt habe ich im Ziel 31 km und etwas mehr als 900 Höhenmetern in 1:54 h auf dem Tacho. Ein Ergebnis, mit dem ich völlig zufrieden bin, ebenso wie mit meiner Entscheidung, nur die Kurzstrecke zu fahren.

Meine Schwester informiert mich über den Verlauf des Langstreckenrennens und den Verbleib der anderen Eulen, für die es ebenfalls sehr gut läuft. Gemeinsam spritzen wir den gröbsten Dreck von meinem treuen S-Works, besuchen die Verpflegungszone und verbringen die Zeit bis zur Siegerehrung mit Gesprächen über Einhörner, Dreck und Eis.

Was mir an diesem Tag immer wieder besonders auffällt, ist die völlig entspannte und familiäre Stimmung. Das Organisationsteam hat alles im Griff, führt zahlreiche Interviews, versorgt Sportler und Betreuer mit allen wichtigen Infos, Essen und noch mehr Essen, und vielen interessanten Gesprächen.

Am Ende freue ich mich über den Sieg in meiner Altersklasse und den Gesamtsieg bei den Frauen auf der Kurzstrecke. Auch bei Olaf und Dirk auf der Mittel- und Langstrecke lief es gut, sodass wir drei Eulen mit drei Pokalen Thüringen später verlassen.


Zusammenfassend bin ich sehr froh, dass ich mich doch entschlossen habe, das Rennen anzugehen. Der Start auf der Kurzstrecke war definitiv die richtige Entscheidung und mal wieder eine ganz neue Erfahrung. Die Probleme in den Abfahrten habe ich zur Kenntnis genommen, jetzt liegt es an mir diese sturzbedingte Kopfsache hinter mir zu lassen und wieder frei über die Trails zu fliegen.

Am kommenden Samstag steht für mich der Allersheimer MTBCup in Neuhaus an, wo ich hoffentlich wichtige Challenge4MTB Punkte sammeln kann. Ich freu mich schon sehr darauf!

Bis dahin,

Evelyn















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